?Alles okay bei dir??, fragt sie vorsichtig. Ember hat genau dieselben Augen wie Ruby: grün und durchdringend. Manchmal habe ich das Gefühl, dass beide Schwestern direkt in einen hineinsehen k?nnen.
?Ja, alles super.? Ich strahle sie an. ?Ich glaube, James und Percy stehen schon seit zwanzig Minuten unten. Wir sollten wirklich los.?
Ember nickt, allerdings bleibt ihr Blick nachdenklich.
?Danke noch mal für das Beauty-Programm, Lydia?, sagt Ruby. ?Das hat so gut getan nach dem Vorbereitungsstress.? Sie kommt zu mir und umarmt mich kurz.
?Ihr zwei habt dafür gesorgt, dass ich ordentlich eingekleidet bin. Das war ja wohl das Mindeste?, gebe ich zurück.
Ich habe Stylisten engagiert, die sich um Rubys, Embers und mein Make-up sowie Haarstyling gekümmert haben. Jetzt sehen wir aus, als k?nnten wir auf einem roten Teppich gehen. Einen, auf dem vor allem Feen anwesend sind. Oder Shakespeare h?chstpers?nlich.
Zusammen machen wir uns auf den Weg nach unten ins Foyer, wo James und Percy bereits warten. Die beiden unterhalten sich, und ich h?re, wie Percy lacht. Der Laut berührt mich. Es ist das erste Mal seit Langem, dass ich sehe, wie die beiden unbefangen ein Wort miteinander wechseln.
James dreht sich um, und wie von selbst landet sein Blick auf Ruby. Seine Augen leuchten auf, so wie beinahe jedes Mal, wenn er sie ansieht oder mit ihr spricht.
?Ihr seht wundersch?n aus?, sagt er, w?hrend Percy meinen Mantel für mich aufh?lt, damit ich hineinschlüpfen kann.
?Das sagst du jedes Mal?, sage ich zu James.
Er zuckt nur mit den Schultern, den Blick immer noch auf Ruby geheftet. Diese dreht sich einmal im Kreis und l?chelt ihn breit an. ?Ich fühle mich wie eine Prinzessin.?
?Du siehst auch aus wie eine?, gibt James zurück und umfasst ihre Wange, bevor er sich runterbeugt, um ihr einen sanften Kuss zu geben.
?Ich wei? immer nicht, ob ich das sch?n oder doch eher eklig finden soll?, murmelt Ember dicht neben mir.
?Du findest es sch?n?, gebe ich wie von selbst zurück. ?Das ist so viel besser, als die beiden unglücklich zu erleben.?
Ruby
Als wir gestern Nachmittag dabei zugesehen haben, wie die fünfzehn unechten B?ume in der Boyd Hall aufgestellt wurden, dachte ich, wir h?tten einen riesigen Fehler gemacht. Im Tageslicht sah die Anordnung merkwürdig aus, viel zu wuchtig und überhaupt nicht stimmungsvoll. Doch als ich mich jetzt umblicke, atme ich erleichtert auf.
Der sanfte Schein der Laternen und Kerzen, die blauen und lilafarbenen Blütenbl?tter, die wir verteilt haben, und die zarte klassische Musik des Orchesters schaffen eine m?rchenhafte Atmosph?re, in der sich die G?ste in ihren elfenhaften Kleidern und hellen Anzügen sichtlich wohlfühlen.
?Ruby, das alles sieht wundersch?n aus?, seufzt Lydia neben mir.
?Wirklich sch?n?, stimmt Ember zu.
Sie deutet auf die Holzschaukel, die an einem der B?ume angebracht ist. Unser Fotograf steht davor und wartet darauf, dass er ein Bild von dem P?rchen machen kann, das sich gerade in Position bringt. Das M?dchen umgreift die mit Blumen umrankten Seile, und ihr Freund, der hinter ihr steht, legt seine H?nde über ihre. Es sieht hochromantisch aus.
?Wir müssen nachher unbedingt alle zusammen ein Foto machen?, sagt Lydia.
?Ich sagte doch, dass es sich lohnen wird herzukommen?, erwidere ich. Dann beginne ich mich automatisch nach Lin umzusehen. Ich muss sie fragen, ob sie mit dem Caterer gesprochen und das Buffet schon unter die Lupe genommen hat. Doch bevor ich sie ausfindig machen kann, legt James sanft seine Hand auf meinen Rücken.
Fragend sehe ich zu ihm hoch.
?Ich wei? genau, was du jetzt machen m?chtest. Aber deine Schicht ist erst in …?, er wirft einen Blick seine Uhr, ?einer Stunde.?
?Das hast du dir gemerkt??, frage ich belustigt.
Er nickt. ?Jetzt geh?rst du noch mir und nicht den H?ppchen, Ruby Bell.?
Im n?chsten Moment zieht er mich weg von Lydia und Ember. Ich schaffe es gerade noch, ihnen einen Blick über die Schulter zuzuwerfen, bevor ich nach vorn sehen muss, um nicht auf mein Kleid zu treten. Zun?chst denke ich, dass James mit mir zur Bar gehen will, aber dann macht er einen Schlenker und zieht mich in Richtung der Schaukel. Ein anderes P?rchen hat sich dort gerade in Pose gebracht, und wir bleiben ein paar Schritte hinter dem Fotografen stehen.
Grinsend sehe ich James an. ?Ernsthaft? Ich erinnere mich an Zeiten, zu denen du überhaupt keine Lust auf unsere Partys hattest?, merke ich an. ?Und jetzt willst du sogar ein P?rchenbild als Andenken??
?Du wei?t, warum ich keine Lust hatte?, h?re ich James dicht an meinem Ohr sagen. Ich bekomme eine G?nsehaut.
?In Wirklichkeit hattest du Lust?, sage ich. ?Gib es zu. Das alles war eine Fassade, eigentlich fandest du den DJ bei der Back-to-School-Party total gut und warst nur neidisch, dass du ihn nicht für deine eigenen Hauspartys beauftragt hast.?
James schnaubt leise. ?Genau.?
Pl?tzlich beugt er sich zu mir und streicht mit dem Mund über meine Wange und dann über meinen Kiefer. Ich erschauere, als er einen Kuss auf die Stelle hinter meinem Ohr drückt.
?Du siehst wirklich wundersch?n aus?, murmelt er, und ich spüre seinen warmen Atem an meiner Haut. Eine G?nsehaut breitet sich auf meinem K?rper aus, und ich will gerade den Mund ?ffnen, um das Kompliment zu erwidern, als die Stimme des Fotografen mich zusammenzucken l?sst.
?Die N?chsten? ruft er gelangweilt. Als er sieht, dass ich an der Reihe bin, hebt er überrascht eine Braue. ?Ach, Sie sind’s, Ruby.?
Mr Foster und ich kennen uns, seit ich Veranstaltungen in Maxton Hall organisiere. Er schie?t und bearbeitet auch die offiziellen Event-Fotos für unseren Blog, die Homepage der Schule und Lexingtons Newsletter, den er einmal im Monat verschickt. Er ist ein Profi, und dass er sich bereit erkl?rt hat, heute Abend mit einer Polaroidkamera diese Schaukelbilder zu machen, l?sst ihn in meiner Achtung nur noch weiter steigen.
?Guten Abend, Mr Foster?, sage ich.