Save You (Maxton Hall, #2)

Da James Lydia besser kennt als irgendwer sonst, vertraue ich ihm.

?Ich m?chte nicht, dass es ihr schlecht geht?, murmle ich.

Bei meinen Worten sieht James mich warm an. ?Sie bekommt das hin. Da bin ich mir ganz sicher.?

Die Gewissheit, mit der er das sagt, und die Art, wie er mich mit einem Mal ansieht, erwecken den Eindruck, dass er gerade nicht nur an Lydia denkt.

Er scheint zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, auch an sein eigenes Glück zu glauben. Und das macht mich unglaublich froh.





28


Lydia

Ich bereue es, hierhergekommen zu sein. Ich h?tte auf mein Bauchgefühl h?ren und mich nicht dazu überreden lassen sollen. Ich wusste, dass es nicht leicht für mich werden würde, Graham zu sehen. Allerdings h?tte ich niemals mit so etwas gerechnet.

Eben, als er mit Pippa getanzt hat, als er seinen Arm wie selbstverst?ndlich um sie gelegt hat, als sie ihn angel?chelt und er es erwidert hat, als sich der Abstand zwischen ihren Gesichtern immer weiter verringert hat – da konnte ich nicht mehr. Es war einfach zu viel.

Und auch jetzt, im leeren Flur, ohne Musik und ohne Leute um mich herum, h?rt mein Herz nicht auf zu rasen. Mir ist schlecht, und meine H?nde fühlen sich klebrig an. Punkte tanzen vor meinen Augen. Ich glaube, mein Blutdruck ist zu hoch. Sofort lege ich mir eine Hand auf den Bauch, als k?nnte ich allein dadurch fühlen, ob mit den Kleinen alles in Ordnung ist.

?Lydia??

Ich lasse die Hand sinken und drehe mich um.

Graham steht ein paar Meter von mir entfernt, das Jackett ge?ffnet, die Brauen nachdenklich zusammengezogen.

?Was??, frage ich angriffslustig. Oh, wie satt ich es habe, vor allen immer so zu tun, als w?re in meinem Leben alles in Ordnung. Nichts ist in Ordnung. Schon gar nicht jetzt, wo er vor mir steht. Wo er mir nachgelaufen ist, obwohl ich gedacht hatte, dass er meine Anwesenheit nicht einmal bemerkt hat. Wo er mich ansieht, als wüsste er, was in mir vorgeht – genau wie früher.

Ich kann nicht wegsehen. Das, was sich in mir angestaut hat, wird immer gewaltiger, bis ich es nicht mehr zurückhalten kann.

?Hattest du Spa???

Sein Blick wird dunkel, und er zieht die Brauen noch weiter zusammen. ?Wir haben nur getanzt, Lydia.?

Ich schnaube ver?chtlich. ?Das da drinnen war eindeutig mehr als nur ?tanzen?.?

Wir haben noch nie miteinander gestritten, und jetzt wei? ich auch, warum. Es fühlt sich schrecklich an und überhaupt nicht befreiend, ihn so anzufauchen.

?Es w?re komisch gewesen, wenn ich ihre Bitte zum Tanz ausgeschlagen h?tte. Die Leute reden ohnehin schon hinter meinem Rücken.?

Ich lache auf. ?Du hast also gerade fast mit meiner Tutorin auf der Tanzfl?che rumgemacht, um zu verhindern, dass die Leute sich Gedanken über deinen Beziehungsstatus machen??

Die Worte kommen lauter als beabsichtigt aus mir heraus, und Graham wirft einen nerv?sen Blick über die Schulter.

?Ich hasse das, Graham?, sage ich. Meine Stimme ist kalt, gleichzeitig bebt sie. Ich habe mich so noch nie reden geh?rt. ?Ich hasse es, dass du nicht einmal drei Worte mit mir wechseln kannst, ohne dich sofort panisch nach allen Seiten umzusehen.? Ich balle die H?nde zu F?usten und dr?nge das Brennen hinter meinen Augen mit aller Kraft zurück.

?Glaubst du, mir macht das Spa???, entgegnet er pl?tzlich.

Ich kann nur ein bitteres Schnauben aussto?en.

Auch er ballt jetzt die H?nde zu F?usten. ?Ich versuche das Richtige für uns beide zu tun!?

?Das Richtige?? Ich kann nicht glauben, dass er das gerade gesagt hat. ?Findest du es richtig, mit anderen Frauen zu tanzen – w?hrend ich zusehe??

?Glaubst du, ich genie?e das? Mich von dir fernzuhalten, so zu tun, als h?tten wir uns nie gekannt??, fragt er fassungslos. Dann rauft er sich das Haar, schüttelt den Kopf. ?Es tut verdammt weh, Lydia, und es wird mit jedem Tag schlimmer.?

?Das ist sicher nicht meine Schuld!? Ich schreie die Worte beinahe und bei?e mir danach auf die Lippe. Ich atme tief durch und denke an das, was mir Mum mein Leben lang über Contenance eingetrichtert hat. ?Ich rufe dich nicht an?, fahre ich leise fort. ?Ich melde mich nicht in deinem Unterricht. Verdammt, ich gucke dich ja nicht mal an. Was soll ich deiner Ansicht nach noch tun, damit es dir nicht mehr wehtut??

Wieder schüttelt Graham den Kopf. Dann macht er einen langen Schritt auf mich zu – und umfasst mein Gesicht mit seinen H?nden.

Einen Moment lang bin ich wie versteinert. Dann sto?e ich seine Arme weg. Er darf mich nicht so berühren – wenn er das tut, fühlt es sich an wie früher, und das halte ich keine Sekunde lang aus.

?Wir k?nnen so nicht weitermachen, Lydia?, kr?chzt er.

?Ich sagte doch bereits, dass ich mich an die Abmachung halte.?

?Ich mich auch. Trotzdem gehen wir beide kaputt daran.?

Ich spüre, wie meine Wut allm?hlich abflaut und nur noch Schmerz bleibt. Schmerz, der mich von innen zerrei?t und dafür sorgt, dass ich nicht mehr richtig atmen kann.

Ich wünschte, ich h?tte seine Arme nicht weggesto?en. Gleichzeitig wünschte ich, ich h?tte es mit mehr Wucht getan.

?Es war blo? ein Tanz?, wispert Graham.

Ich nicke nur. Am liebsten würde ich wegsehen, aber ich kann nicht. Graham und ich – wir waren einander schon lange nicht mehr so nah. Ich habe das Gefühl, jede Sekunde aufsaugen zu müssen, bevor der Moment wieder vorbei ist und ich allein zurückbleibe.

?Für mich hat sich nichts ge?ndert, Lydia.?

Mein Atem stockt. ?Wie – wie meinst du das??

Graham kommt noch ein Stück n?her, berührt mich aber nicht. ?Damit meine ich, dass du das Erste bist, woran ich denke, wenn ich aufstehe. Den ganzen Tag über denke ich an dich. Wenn ich etwas Witziges sehe, m?chte ich zuerst dir davon erz?hlen. Ich habe deine Stimme im Ohr, wenn ich abends schlafen gehe. Himmel, Lydia, ich liebe dich. Ich habe dich schon geliebt, als wir das erste Mal miteinander telefoniert haben. Ich werde niemals aufh?ren, dich zu lieben, auch wenn ich wei?, dass es für uns keine Chance gibt.?

Mein Herz schl?gt so schnell, als w?re ich gerade einen Marathon gelaufen. Ich kann nicht glauben, dass er das gerade gesagt hat.

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