Save You (Maxton Hall, #2)

?Er ist einfach gegangen?, flüstere ich und werfe einen Blick über die Schulter zur Tür, durch die Mr Beaufort gerade verschwunden ist.

?Das ist normal, mach dir keine Gedanken?, erkl?rt Lydia und lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück. Mit einem L?cheln streichelt sie ihren Bauch. Dass sie das in unserer Gegenwart, ohne nachzudenken, tun kann, erfüllt mich mit einer W?rme, die mir nach den eisigen Blicken von Mr Beaufort sehr willkommen ist.

?Er findet immer eine Ausrede, um unangenehmen Situationen irgendwie wieder zu entkommen?, merkt James an und nimmt einen gro?en Schluck aus seinem Wasserglas. ?Auch wenn er uns ursprünglich überhaupt erst dazu gezwungen hat. Ich kann mich nicht daran erinnern, ihn l?nger als zwei Stunden am Stück gesehen zu haben.? Er schnaubt. ?Nicht, dass ich darüber unglücklich w?re.?

?Ich bezweifle, dass er überhaupt eine Konferenz hat. Mum h?tte das nie erlaubt?, murmelt Lydia.

James h?lt die Luft an. Nach einem Moment l?sst er sie h?rbar entweichen. ?Wenn du m?chtest, bist du hiermit erl?st?, sagt er und sieht mich von der Seite an.

Ich runzle die Stirn. ?Was meinst du??

?Wir k?nnen diesen deprimierenden Abend an dieser Stelle beenden und ihn n?chste Woche nachholen.?

Lydia nickt. ?Ja, es nimmt dir niemand übel, wenn du lieber gehen m?chtest.?

Emp?rt sehe ich zwischen den beiden hin und her. ?Ich vergeude doch nicht dieses leckere Essen.? Mit der Gabel deute ich erst auf mein halb aufgegessenes Hühnchen, dann auf Lydia. ?Au?erdem gehe ich nicht eher, bis ich deine Ballettbilder gesehen habe.?

Lydia lacht, und James schüttelt l?chelnd den Kopf.

Ich widme mich wieder meinem Essen und versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich die Begegnung mit Mortimer Beaufort beunruhigt hat.

Der Rest des Essens verl?uft deutlich entspannter, dennoch bin ich froh, als wir nach dem Dessert in Lydias Zimmer gehen und die Tür hinter uns zuziehen k?nnen. Jetzt sitzen wir auf ihrem gro?en, gemütlichen Sofa und bl?ttern alte Fotoalben durch.

?Ihr wart entzückend?, seufze ich und deute auf ein Bild, auf dem James und Lydia einander umarmen, die kleinen Pausb?ckchen fest aneinandergedrückt.

?Auf dem Bild sind wir drei. Guck mal, was für Locken ich früher hatte?, meint Lydia und deutet auf die kleinen Kringel auf ihrem Kopf.

?Sind die nicht mehr so??, frage ich.

Sie schüttelt den Kopf und f?hrt sich mit einer Hand über den Pferdeschwanz. ?Nein. Wobei ich darüber auch ganz froh bin. Die jeden Morgen b?ndigen zu müssen würde mich wahrscheinlich in den Wahnsinn treiben.?

?Aber sie sahen so niedlich aus. James hatte gar keine Locken.?

Ich sehe zu James, der in einem der beiden Sessel sitzt, die gegenüber der Couch stehen, und durch ein Reisemagazin bl?ttert.

?Seine Haare sahen schon immer so aus wie jetzt?, rei?t Lydia mich aus meinen Gedanken.

Ich beuge mich vor, um mir das Foto genauer anzusehen. ?Den ernsten Blick hatte er früher auch schon drauf?, merke ich an.

Lydia schnaubt und bl?ttert um. Auf der n?chsten Seite erscheint das Bild eines schmollenden Mini-James, der eine leere Eiswaffel in der Hand h?lt.

?Das Eis ist ihm aus der Waffel gefallen?, erkl?rt Lydia grinsend.

?Armer Baby-James?, murmle ich und muss ebenfalls grinsen. Als ich zu James rübersehe, hat dieser blo? eine Augenbraue nach oben gezogen.

?Lydia, du brauchst nicht so zu tun, als h?ttest du Mitleid. Ich habe dein h?misches Lachen immer noch im Ohr?, sagt er trocken.

?Das stimmt doch überhaupt nicht!?

?Ach nein? Du hast also nicht gelacht??, entgegnet er sp?ttisch.

?Doch schon, aber nach kurzer Zeit habe ich dir angeboten, mein Eis mit dir zu teilen.?

?Du hattest Bananeneis. Welcher Mensch mag bitte Bananeneis??

?Ich nicht?, schalte ich mich ein.

James deutet auf mich. ?Siehst du.?

?Ihr habt beide eine Schraube locker?, sagt Lydia kopfschüttelnd und bl?ttert weiter. Auf den n?chsten Bildern sind die Zwillinge bestimmt schon sechs oder sieben, und jetzt tauchen immer ?fter auch Alistair, Wren, Cyril oder Keshav neben ihnen auf.

?Irre, dass ihr euch alle schon so lange kennt?, sage ich mit Bewunderung in der Stimme.

?Ja, oder? Manchmal kommt es mir so vor, als w?ren wir alle Geschwister.?

Ich nicke und schaue ein Bild von einem pausb?ckigen Alistair an, dessen goldblonde Locken nach allen Seiten abstehen. Dann wandert mein Blick zu einer kleinen Version von James, der Mini-Wren im Schwitzkasten h?lt.

?Haben du und Wren eigentlich miteinander geredet??, frage ich leise an James gewandt.

?Wir haben über ein paar Dinge gesprochen.? Er z?gert. ?Im Moment ist bei ihm einiges los.?

?Ist es was Schlimmes??, fragt Lydia sofort.

James zuckt mit den Schultern. ?Ich habe ihm versprochen, nichts zu sagen.?

Lydia runzelt besorgt die Stirn. Ich kann sehen, dass sie einige Sekunden lang mit sich k?mpft und eigentlich nachfragen m?chte, doch dann nickt sie nur. ?Alles klar. Aber glaubst du, es ist etwas, was wieder hingebogen werden kann??

James nickt zuversichtlich. ?Wren steht das durch. Schlie?lich hat er uns.?

Lydia und ich wechseln einen skeptischen Blick.

Gleichzeitig empfinde ich Erleichterung darüber, dass der Streit zwischen Wren und James begraben zu sein scheint. Als James und ich in der Nacht meines Geburtstags miteinander telefoniert haben, hat er mir anvertraut, wie wichtig es ihm ist, dieses letzte Jahr an der Schule gemeinsam mit seinen Freunden zu genie?en. Er wollte es unbeschwert verbringen und sich über das, was danach kommt, keine Sorgen machen. Die Unbeschwertheit wurde ihm durch den Tod seiner Mum genommen, aber deshalb ist es umso wichtiger, dass er weiterhin seine Freunde hat, auf die er z?hlen kann. Und andersherum.

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