Dad und Ember sehen mich neugierig an.
Ich wende den Blick ab und nehme mir einen Toast. ?Na klar.?
?Also, ich kann verstehen, dass du fertig bist?, sagt Ember unvermittelt. überrascht sehe ich auf. ?Ich h?tte nie gedacht, wie viel Arbeit in so einer Party steckt und was man alles beachten muss. Das ist echt der Wahnsinn.?
Dankbar l?chle ich sie an. ?Du kannst gern weitermachen mit den Komplimenten.?
Mum schiebt mir die Butter rüber und gleich darauf die Apfelmarmelade. ?Erz?hlt mir von eurem Abend.?
?Es lief alles nach Plan?, sage ich, w?hrend ich anfange, meinen Toast zu beschmieren. ?Ich bin zufrieden.?
Mum ist meine knappen Antworten zum Thema Maxton Hall gewohnt und richtet ihren Blick augenblicklich auf Ember. Diese ist jedoch damit besch?ftigt, unter dem Tisch eine Nachricht auf ihrem Handy zu tippen, und merkt überhaupt nicht, dass Mum sie angesprochen hat.
?Wieso grinst du so, Ember??, fragt Dad pl?tzlich, eine Sekunde bevor ich die Frage formuliert h?tte.
Ertappt sieht sie auf. ?Ich grinse überhaupt nicht.?
Dad zieht blo? eine Braue hoch, w?hrend Mum – etwas energischer – hinterhersetzt: ?Erz?hl doch mal, was du gestern erlebt hast.?
Ich bei?e schulterzuckend in meinen Toast und sehe Ember genauso erwartungsvoll an wie Mum und Dad.
?Es war echt sch?n?, f?ngt diese schlie?lich an und klingt dabei ehrlich begeistert ?Die Schule ist so hübsch – im Internet kommt das gar nicht richtig rüber. Und die Kleider, die die Leute da anhatten! Eines sch?ner als das andere.?
Seufzend schenkt sie sich eine Tasse Tee ein.
?Das war’s schon? Mehr bekomme ich nicht??, fragt Mum.
Ich frage mich, weshalb sie so hartn?ckig nachhakt. Liegt es nur daran, dass sie ihre Chance gewittert hat, endlich einmal jemanden über eine Maxton-Hall-Party ausquetschen zu k?nnen? Oder macht sie sich Sorgen um Ember? Es hat uns diese Woche einiges an überredungsarbeit gekostet, bis sie ihr erlaubt hat, mich zu begleiten. Vielleicht verbirgt sich aber auch ein ganz anderer Grund dahinter.
Ember l?sst sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie beschmiert in aller Ruhe einen Toast mit Butter, bevor sie den Kopf hebt. ?Ich habe einen Jungen kennengelernt. Wolltest du das h?ren, Mum??
Ich drehe mich ruckartig zu ihr um und starre sie an. ?Ist es Kieran? Bitte sag, dass es Kieran ist.?
?Wer zum Henker ist Kieran??, wirft Dad ein und legt den Kindle beiseite. Er sieht zwischen Ember und mir hin und her.
?Ein netter Junge aus dem Veranstaltungskomitee.?
Mum atmet erleichtert auf. ?Gott sei Dank. Und ich dachte schon, bald h?tten wir den n?chsten Liebeskummerk?fer auf der Couch liegen.?
?Ey! Ich war kein Liebeskummerk?fer.?
Mum und Dad tauschen einen langen Blick, der mehr sagt als tausend Worte.
?Wenn du das meinst, Schatz?, sagt Mum schlie?lich, jedoch ohne ihr gewohntes L?cheln. ?Also, Ember, erz?hl uns von dem Jungen.?
?Leute!?, ruft Ember aus und sieht erst Mum und dann mich wütend an. ?Erstens geht euch das gar nichts an. Zweitens bin ich niemandem von euch Rechenschaft schuldig. Und drittens hei?t ?kennenlernen? nicht gleich, dass ich einen festen Freund habe. Ich habe ihm übrigens einen Korb gegeben und will erst mal schauen, wie er überhaupt drauf ist. Macht also nicht gleich so eine Riesensache draus.?
Ich starre meine Schwester an. ?Wer ist es, Ember??
Ember erwidert meinen Blick mit hochgezogenen Augenbrauen. ?Ich sage es dir nicht.?
?Ember, ich …?
?Vergiss es, Ruby. K?nnen wir jetzt bitte in Ruhe weiter frühstücken?? Sie bei?t demonstrativ von ihrem Toast ab.
Der Rest des Frühstücks vergeht in qu?lender Langsamkeit. Dad versucht nach ein paar Minuten, die Stimmung aufzulockern, aber es will ihm nicht so richtig gelingen. Die Gedanken wirbeln in meinem Kopf herum. Ich gehe den letzten Abend in meiner Erinnerung durch und überlege, wann Ember die Gelegenheit gehabt h?tte, sich l?nger als fünf Minuten mit einem Jungen zu unterhalten, der nicht Kieran war. Es kann eigentlich nur er gewesen sein. Aber dann würde sie doch nicht so ein Geheimnis darum machen, oder?
Nach dem Frühstück r?umen Ember und ich schweigend die Spülmaschine ein und gehen dann gemeinsam nach oben. Bevor sie in ihrem Zimmer verschwindet, wirft sie mir noch ein schmales L?cheln zu, das ich müde erwidere. Eigentlich fahren wir uns gegenseitig nicht so an, doch ich kann das Gefühl nicht abschütteln, dass gestern Abend etwas geschehen ist, wovor ich Ember eigentlich h?tte beschützen müssen.
Seufzend ?ffne ich meine Zimmertür genau in dem Moment, in dem mein Handy ein Ping von sich gibt. Augenblicklich schnappe ich es mir vom Nachttisch. Mit zitternden Fingern ?ffne ich die Nachricht.
K?nnen wir reden?
Ich tippe meine Antwort so schnell, dass der Touchscreen des Handys nicht hinterherkommt, die W?rter alle falsch schreibt und ich noch mal von vorn anfangen muss.
Natürlich. Wann und wo?
Ich z?hle die Sekunden, bis James antwortet, und halte den Atem an, als mein Handy erneut leise pingt.
Ich würde gleich losfahren. Kann ich zu dir kommen?
Ich z?gere einen Moment. Ich habe James bisher nicht mal in unser Haus gebeten. Ihn jetzt meinen Eltern vorzustellen, w?re ein enormer Schritt.
Doch ich fühle tief in mir, dass ich dafür bereit bin. Ich kann wieder in seiner Gegenwart sein, ohne zu zerbrechen. Und sein Wunsch, mit mir zu reden, zeigt, dass es ihm trotz allem, was gestern geschehen ist, so geht wie mir.
Also setze ich zu einer Antwort an:
In Ordnung.
Danach laufe ich mit dem Handy in der Hand zurück nach unten. Mum und Dad sitzen inzwischen im Wohnzimmer. Dad ist schon wieder in seinen Kindle vertieft, w?hrend Mum begonnen hat, die Post der Woche zu sortieren. Vorsichtig trete ich zu den beiden und r?uspere mich.
?Ist es okay, wenn James gleich herkommt??, frage ich.