Save You (Maxton Hall, #2)

Danach helfe ich dabei, die restlichen Luftschlangen auszubreiten und roségoldenes Konfetti zu verstreuen. Ember schlie?t die beiden uralten Boxen, die wir mal auf einem Flohmarkt gekauft haben, an ihren Laptop an, und w?hrend sie nebenbei eine geeignete Playlist heraussucht, teilt sie mir mit, wie der Plan für den Abend aussieht. Sie hat sich offensichtlich viele Gedanken gemacht und alles bis ins kleinste Detail geplant, wofür ich ihr am liebsten ein zweites Mal um den Hals fallen würde. Doch ich halte mich zurück und h?re ihr stattdessen von der Couch aus zu.

?Ich habe mir gedacht, dass wir zuerst unsere sch?nsten Momente aus dem letzten Jahr aufschreiben und miteinander teilen. Danach schauen wir uns einen Film an – welchen entscheiden wir gleich – und verdrücken diesen Berg Popcorn.? Sie deutet auf eine riesige Schüssel, die auf dem Wohnzimmertisch steht. Dad benutzt sie normalerweise, um Schichtsalat zu machen, den er immer mit zu gro?en Familientreffen bringt. Jetzt ist sie bis oben hin mit Popcorn gefüllt, dessen buttrig sü?er Duft das gesamte Wohnzimmer erfüllt. Mir l?uft das Wasser im Mund zusammen.

?Anschlie?end essen wir den Hauptgang?, f?hrt Ember fort. ?Dad hat Quiche für uns alle gemacht. Danach gibt es noch Nachtisch, und schon sind wir bei – wie ich vermute – Rubys Lieblingsteil.?

Lin h?lt eine halb durchsichtige Tüte hoch, in der ich kleine Bücher und einige Stifte erkennen kann.

Ich tue nicht mal so, als müsste ich überlegen. ?Wir schreiben unsere Vors?tze für 2018 auf!?

Ember nickt lachend. ?Sobald es Mitternacht ist, werden wir vermutlich entweder im Essenskoma liegen oder eine Tanzparty veranstalten.?

?Eines von beiden mit Sicherheit?, sagt Lydia und nimmt sich eine Handvoll Popcorn. Sie schnipst sich einen ersten kleinen Ball in den Mund, und ein leichtes L?cheln tritt auf ihre Lippen. ?Das klingt doch nach einem sch?nen Plan, oder, Ruby??

?Sch?ner Plan? Das ist das Beste, was ich seit Langem geh?rt habe. Danke, Leute.?

Danach machen wir es uns um den Wohnzimmertisch herum auf dem Boden gemütlich. Lin hat ein paar gro?e B?gen Papier mitgebracht, die wir sonst im Veranstaltungskomitee für unsere Brainstormings benutzen und die sie heimlich aus der Schule geschmuggelt hat. W?hrend im Hintergrund eine Keaton-Henson-Playlist l?uft, breiten wir sie vor uns aus.

?Okay?, macht Ember den Anfang. ?Eines meiner gr??ten Highlights dieses Jahr war die Arbeit an meinem Blog und dass so viele neue Leute dazugekommen sind.? Sie notiert das Ganze auf ihrem Zettel.

?Einer meiner H?hepunkte war, dass die Galerie meiner Mum endlich grüne Zahlen schreibt. Es geht uns momentan richtig gut, und ich hoffe, das wird n?chstes Jahr so bleiben?, sagt Lin, wobei sie nicht uns, sondern den Stift in ihrer Hand fixiert. Ich bin überrascht, dass sie etwas so Privates mit uns teilt.

Sie und Lydia kennen sich nicht besonders gut, und ich k?nnte verstehen, wenn ihnen diese Situation unangenehm ist. Allerdings scheint das bei keiner der beiden der Fall zu sein, was mich sehr freut.

?Ich war schon mal in eurer Galerie?, sagt Lydia pl?tzlich. ?Zusammen mit meiner Mum.?

Lin sieht überrascht auf. ?Wirklich??

Lydia nickt. ?Sie ist richtig sch?n und total stilvoll. Ich drücke euch die Daumen, dass es n?chstes Jahr noch besser l?uft. Ich wei?, wie schwer das sein kann, gerade wenn man bei null anfangen muss.?

Die beiden tauschen ein L?cheln, bevor Lydia sich r?uspert. ?Ich habe im Januar mit meiner Mum einen Kurztrip in die Alpen gemacht. Wir waren in einem Wellnesshotel und haben es uns richtig gut gehen lassen – nur wir beide. Das hatten wir seit Ewigkeiten nicht gemacht. Ich glaube, das ist meine sch?nste Erinnerung aus diesem Jahr.?

?Das klingt wirklich sch?n?, sage ich leise und lege meine Hand kurz auf ihr Knie. Ich wei? nicht, was ich sonst sagen soll, m?chte ihr aber zeigen, wie sehr ich ihre Offenheit zu sch?tzen wei?.

?Und bei dir, Ruby??, fragt Lin.

Einen Augenblick lang ist mein Kopf wie leer gefegt, und ich habe keine Ahnung, was ich auf meinen Zettel schreiben k?nnte. Aber dann lasse ich das Jahr Monat für Monat Revue passieren und stelle fest, wie sch?n es insgesamt doch war. Obwohl ich seit der Sache mit James traurig gewesen bin, ist allein seit September unheimlich viel passiert, wofür ich dankbar sein kann.

Ich bin Leiterin des Veranstaltungsteams geworden, habe tolle Noten in der Schule bekommen und wurde nach Oxford eingeladen. Ich habe Lin besser kennengelernt, bin enger mit Ember zusammengewachsen und habe sogar eine neue Freundin dazugewonnen. Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mich verliebt.

Ganz gleich, wie schlimm das mit James und mir geendet hat … wenn ich an unsere Gespr?che denke, an die Telefonate und unsere gemeinsamen Erinnerungen – dann bereue ich nichts. Im Gegenteil, auch diese Erfahrung z?hlt zu den H?hepunkten meines Jahres. Selbst wenn jetzt alles vorbei ist.

Ich schlucke schwer und starre auf das wei?e Papier, das vor mir auf dem Tisch liegt.

?Ich wei? gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich glaube, der Ausflug nach Oxford war am sch?nsten. Ich habe so lange davon getr?umt, einmal mit meiner Familie dort spazieren zu gehen. Und dann dort zu sein … Daran werde ich mich für immer erinnern?, sage ich heiser und zwinge mich dann zu einem L?cheln.

?Es sah aus wie im M?rchen dort?, fügt Ember hinzu.

Ich nicke, zeichne eine kleine Blase und notiere Ausflug Oxford darin.

Danach scheint das Eis gebrochen zu sein. Wir erz?hlen uns selbst die kleinsten und merkwürdigsten Ereignisse, die wir von diesem Jahr in Erinnerung haben. Beispielsweise hat Lin in einem Supermarkt einen Blumenstrau? gewonnen, weil sie die tausendste Kundin war, oder Lydia von einer alten Dame ein Pfund zugesteckt bekommen, damit sie sich etwas Sü?es kaufen kann.

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