8. KAPITEL
Um elf Uhr schmerzten Kates Füße so sehr, dass sie zu Jake ging, um ihm zu sagen, dass sie heute lieber auf den Billardunterricht verzichten wolle. Als sie allerdings sein Lächeln sah, verschwand ihre Müdigkeit schlagartig.
„Die weiße Kugel darf nicht in den Löchern landen“, erklärte er ihr. Ben schüttelte den Kopf und ging weg. „Du solltest besser bleiben“, meinte Jake. „Vielleicht lernst du es auch endlich.“
„Spielen Sie bloß nicht um Geld“, riet Ben Kate abschließend.
„So, dann fangen wir am besten gleich an.“ Jake legte die Kugeln in die Ausgangsposition, und Kate fiel auf, wie schön seine Hände waren. „Zuerst müssen die Kugeln angestoßen werden“, sagte er. „Kommen Sie hier herüber.“
Er drückte ihr den Queue in die Hand und zeigte ihr, wie sie den Queue über die stützende Hand gleiten lassen musste. „Und jetzt müssen Sie auf die weiße Kugel zielen.“
Kate bückte sich und merkte, wie dabei ihr Rock noch etwas höher rutschte. Angestrengt zielte sie mit dem Queue direkt auf die weiße Kugel.
Jake konnte unter dem Rocksaum fast die Unterwäsche erkennen, und die Versuchung, den Rock noch ein Stückchen höher zu schieben, war beinahe unerträglich. Hier stand sie vor ihm über den Billardtisch gebeugt, und ihm wurde immer schwindliger.
„Und was jetzt?“ fragte Kate und blickte sich um. Jake stand kopfschüttelnd hinter ihr und betrachtete ihren Po. „Jake?“
„Dieser Rock eignet sich nicht zum Billardspielen. Ich kann die anderen Kerle jetzt gut verstehen. Bei dem Anblick bekomme ich auch Herzprobleme.“
Entschlossen zog sie den Rock tiefer, wobei ihr das T-Shirt aus dem Rock rutschte. „Besser so?“
„Okay“, sagte er dann gelassen. „Stoßen Sie mit der weißen Kugel die anderen auseinander.“
Kate traf beim ersten Stoß nur den Tisch, und beim zweiten rutschte sie von der weißen Kugel ab. „Zeigen Sie es mir lieber noch mal“, bat sie enttäuscht. „Sonst schaffe ich das nie.“
Einen Augenblick zögerte er. Immerhin hatte auch er normale Triebe, auch wenn es nur Kate war, die da vor ihm stand. Dann beugte er sich über sie und legte die Hände auf ihre. „Genau so.“
Kate konzentrierte sich, um sich die Haltung zu merken. Dann fiel ihr auf, dass Jake sich nicht mehr regte. „Jake?“ Jetzt merkte sie, dass sie beide dicht aneinander gepresst waren, und auch sie erstarrte.
Langsam richtete er sich auf. „Stoßen Sie.“
„Also gut.“
Den Rest erklärte er ihr aus sicherer Entfernung, doch er konnte nicht vermeiden, dass er ihr immer in den Ausschnitt sah, sobald sie sich vorbeugte. Er konnte nicht nur die Wölbung ihrer Brüste erkennen, sondern auch ihren schwarzen BH. Hör auf, Jake! rief er sich zur Ordnung. Du gerätst nur immer tiefer in Schwierigkeiten, wenn du so weitermachst.
Nach einer Weile bemerkte auch Kate, was in ihm vorging, und nach der ersten Verlegenheit genoss sie es, Jake zu verunsichern. Absichtlich hob sie das Kinn, um ihm noch etwas besseren Einblick zu gewähren.
Aufstöhnend ging Jake nach einer Stunde in Richtung Theke. „Ich brauche einen Drink“, sagte er. „Hören wir für heute auf.“
„Ein tolles Spiel“, stellte Kate fest und holte zwei dicke Aktenordner aus dem Lagerraum. „Und nun muss ich diese Bar vor den Yankees retten, die jederzeit ihre Schulden eintreiben können.“
„Passen Sie bloß auf, was Sie sagen“, erwiderte Jake und hielt einen der Ordner gerade noch fest, bevor er herunterfallen konnte. „Sonst werden die Gläubiger tatsächlich böse.“
„Auf Krieg mit mir sollten Sie sich lieber nicht einlassen. Sie kennen mich doch. Gute Nacht, Ben und Nancy, und vielen Dank für die Billardlektion, Jake.“ Damit verließ sie die Bar.
Jake drehte sich um und bemerkte, dass Nancy wissend lächelte. „Diese Frau macht mich noch verrückt“, sagte er nur und wandte sich wieder ab.
Gleichzeitig mit Kate kam auch Penny beim Apartmenthäuschen an. Sie hatte sich bei Mark eingehakt.
„Ich wollte Ihnen noch sagen, wie sehr mir das Golfspiel neulich gefallen hat“, sagte Mark zu Kate. „Wenn Sie wieder mit Peter spielen, will ich unbedingt wieder Ihr Caddy sein.“
„Oh, nein, ich habe das Golfspielen aufgegeben. Es ist zu gefährlich.“ Kate winkte den beiden zu und verschwand in ihrem Apartment.
Die beiden blieben noch draußen und saßen plaudernd und lachend auf den Stufen. Insgeheim beneidete Kate Penny. Mark war nett, gut aussehend, klug und humorvoll. Im Moment hatte sie allerdings Wichtigeres zu tun, als an Männer zu denken. Sie musste Nancys Bar retten.
Bis Mitternacht ging Kate die Unterlagen durch, bevor sie ihren voll geschriebenen Notizblock beiseite schob und sich schlafen legte. Mit wenigen Maßnahmen konnte man die Bar aus den roten Zahlen holen, aber um eine Goldmine daraus zu machen, bedurfte es großen Kapitalaufwands und tief greifender Änderungen, die Nancy sicher ablehnen würde.
Wenn es meine Bar wäre …, dachte Kate. Aber das war unsinnig. Schließlich wollte Nancy ihre Bar nicht verkaufen, und ohne Nancy wäre die Bar niemals das, was sie jetzt war.
Außerdem kam eine Bar in ihren Heiratsplänen nicht vor. Welcher erfolgreiche Unternehmer wäre wohl daran interessiert, in eine Bar in einem Provinznest zu investieren, mochte sie auch noch so viel Gewinn abwerfen, wenn man es richtig anpackte. Selbst Jake, der hier lebte, würde dazu nicht bereit sein.
Er würde es sowieso immer vorziehen, weiterhin sein Faulenzerleben zu führen. Er war sehr nett, aber ihm fehlte einfach jeglicher Ehrgeiz.
In Kates Träumen allerdings spielte Jake die zentrale Rolle, und als sie am nächsten Morgen aufwachte, war sie sich nicht so sicher, ob sie den Vormittag wieder mit ihm auf dem See verbringen sollte. Wahrscheinlich träumte sie nur von ihm, weil sie mit ihm die meiste Zeit verbrachte.
Sie rief Rick an und verlegte ihr Treffen schon auf neun Uhr. Bei Will hinterließ sie für Jake eine Nachricht, dass er heute ohne sie angeln müsse.
Jake sagte sich, dass es ihm nichts ausmachte, ohne Kate auf dem See zu sein. Immerhin bedeuteten drei Tage hintereinander noch nicht, dass sie die Tradition nicht brechen durfte. Aber Will hatte ihm ihre Nachricht mit einem viel sagenden Blick überreicht, und diese Andeutungen ärgerten Jake allmählich. Zum Glück blieb Kate nur noch eine Woche, und dann würde sein Leben wieder ruhiger verlaufen.
Vielleicht würde sie ja gar nicht wieder nach Hause fahren, sondern mit Rick Roberts glücklich werden. Jake hatte ihn kennen gelernt und musste zugeben, dass er ein wirklich netter Kerl war. Ein geradliniger, gut gelaunter Mensch, der aus Überzeugung mit seinem kleinen Unternehmen für den Umweltschutz kämpfte. Kate und er würden die Bäume umarmen und dabei noch reich werden.
Na prima, dachte Jake. Dann habe ich mein Boot wenigstens wieder für mich allein. Er zog sich den Hut ins Gesicht und versuchte einzuschlafen.
Rick war genau der ideale Mann für Kates Plan. Sie versuchte, sich darüber zu freuen. Er ging etwas langsamer, damit sie mit ihm Schritt halten konnte, und war weder aufdringlich noch angeberisch. Stattdessen war er freundlich, höflich, interessant und lustig. Als sie ihn nach seiner Arbeit fragte, sprach er lieber über die Umwelt und erklärte ihr, wie man Wasser und Luft entlasten konnte, indem man Unternehmen von den Schutzmaßnahmen überzeugte.
„Ich langweile Sie bestimmt“, unterbrach er sich, und Kate widersprach sofort.
„Nein, nein, ich wünschte, meine Arbeit sei genauso befriedigend.“
„Wir können jederzeit Hilfe gebrauchen“, sagte Rick. „Besonders jemanden mit einem so scharfen Verstand wie Sie.“ Herzlich lächelte er sie an. „Wenn Sie eine Stelle suchen, sagen Sie es nur.“
Er ist es, überlegte sie. Einen so perfekten Mann wie ihn würde sie niemals wieder finden. Und als er tief im Wald an einer Weggabelung stehen blieb und sie küsste, erwiderte sie den Kuss. Rick küsste ziemlich gut.
Lächelnd hob er den Kopf, trat einen Schritt zurück und war verschwunden.
„Rick?“
Er war gestolpert und einen Abhang hinuntergerollt. Kate kämpfte sich durch das Gestrüpp zu ihm durch und fand ihn benommen auf der Erde liegend vor.
„Ist alles in Ordnung?“
„Mein Stolz ist etwas verletzt“, antwortete er.
Kate half ihm auf und küsste ihn, weil sie ihn so nett fand. Es war ein schöner Kuss.
„Jetzt geht es mir wieder blendend“, sagte er und lächelte. Dann versuchte er, einen Schritt zu gehen, und brach wieder zusammen. „Es tut mir Leid, Kate“, stöhnte er. „Aber ich muss mir den Knöchel verstaucht haben.“
Nur keine Panik, sagte Kate sich. Jake hat nicht Recht, und du bist nicht verflucht. „Stützen Sie sich auf mich. Ich glaube, dort hinten ist ein anderer Weg. Dann brauchen wir nicht den Abhang hinaufzuklettern.“
Sobald sie ein paar Schritte gegangen waren, stellte Kate fest, dass Rick in ein giftiges Ilexgebüsch gefallen war. Wenn Jake lacht, beschloss sie, bringe ich ihn in seinem blöden Boot um und werfe ihn in den See.
Rick fing an, sich zu kratzen
Auf dem Weg angekommen, stellte Kate fest, dass sie die Orientierung verloren hatte. Wenn wir hier verhungern müssen, dachte Kate, dann sterbe ich wenigstens mit meinem Traummann zusammen.
„Setzen Sie sich“, sagte sie. „Ich werde Hilfe holen.“
„Wäre es nicht sicherer, wenn ich mit Ihnen komme?“ Rick kratzte sich wieder am Knöchel.
„Wahrscheinlich sind Sie allein sicherer als in meiner Gesellschaft“, sagte sie. „Bleiben Sie sitzen, ich bin bald zurück.“
Unwillkürlich lief Kate in Richtung See und dachte über den unsinnigen Plan nach, der in ihren Augen endgültig gescheitert war. Es war an der Zeit, dass sie aufgab und nach Hause zurückfuhr.
Jake lag am anderen Ufer unter den Weiden.
„Hallo!“ rief sie und winkte mit beiden Armen. Sie sah, dass er sich aufsetzte, sie erkannte und zu lachen anfing. Wütend setzte sie sich hin, während er auf sie zuruderte.
„Wo ist Rick?“ erkundigte er sich lachend.
„Ein Unfall“, sagte sie nur.
Das war eigentlich überhaupt nicht komisch, aber Jake konnte nicht anders, er musste einfach weiterlachen. Er fühlte sich fast erleichtert. „Sie sind wie das Bermudadreieck“, stellte er fest. „Die Männer gehen mit Ihnen mit, aber Sie kommen allein zurück. Lebt er noch?“
„Ja, er hat einen verstauchten Knöchel und ist in giftigem Efeu gelandet.“
Kopfschüttelnd machte Jake sich auf den Weg. „Ich hole meinen Wagen“, sagte er nur.
Gemeinsam holten sie Rick ab und brachten ihn zum Hotel. Vom Rücksitz aus sagte Kate: „Sie halten sich ja bemerkenswert zurück, Jake. Möchten Sie nicht eine Bemerkung loswerden?“
„Ich bin sprachlos. Sehen Sie das doch als Zeichen, keine Verabredungen mehr zu treffen.“
Kate seufzte auf. „Zu dem Schluss bin ich auch schon gekommen. Aber ich habe ihn nicht gestoßen, das sollten Sie wissen.“
Rick wandte sich verständnislos um. „Worüber sprechen Sie eigentlich?“
„Es ist gefährlich und verhängnisvoll, mich zu kennen“, sagte Kate.
„Unsinn!“ wehrte Rick ab. „Gehen wir heute Abend gemeinsam essen?“
„Ihre Versicherung wird das nicht mögen“, wandte Jake ein. „Kate ist genauso gefährlich wie Asbest und Giftmüll.“
„Vielen Dank, Rick.“ Kate überging Jakes Bemerkung. „Aber ich muss heute Abend arbeiten.“ Außerdem würde Rick sowieso damit beschäftigt sein, seinen geschwollenen Knöchel zu kühlen und einzureiben. Kate fühlte sich schlichtweg miserabel.
Jake erkannte, dass Kate sehr deprimiert war und schlug ihr vor, mit ihm auf den See zu kommen. „Sie bekommen sogar ein Bier“, bot er an. „Aber nur eins.“
Doch auch, als sie auf dem See waren, konnte Kate ihre düstere Stimmung nicht abschütteln.
„Der Plan ist gestorben, stimmt’s?“ fragte Jake mitfühlend.
„Ja, wahrscheinlich heirate ich überhaupt nicht.“
„Wieso auch? Sie haben doch eine Karriere, Freunde …“
„Aber ich fühle mich einsam“, widersprach Kate. „Und ich wollte einen Mann, der dieselben Ziele hat wie ich, damit wir gemeinsam arbeiten und leben und uns nicht nur abends für wenige Stunden sehen. Denken Sie denn nie ans Heiraten? Wie sieht Ihre Traumfrau aus?“
Jake dachte einen Moment nach, bevor er antwortete. „Ich weiß es nicht genau. Auf keinen Fall soll sie versuchen, aus mir jemanden zu machen, der ich nicht bin. Sie sollte Humor haben, ihren eigenen Weg gehen und mich so lieben, wie ich bin.“ Er sah Kate prüfend an. „So ziemlich das Gegenteil von dem Partner, den Sie suchen. Ich möchte mich amüsieren und abends zu einer Frau kommen, die sich freut, mich zu sehen.“
„Das ist doch einfach, Jake“, sagte Kate. „Danach sehnen sich so viele Frauen. Sie können nicht sehr intensiv gesucht haben.“
„Ich habe überhaupt nicht gesucht.“ Jake blickte ihr in die Augen. „Bis jetzt habe ich darüber noch gar nicht nachgedacht, also könnten wir jetzt vielleicht über etwas anderes reden?“
„Natürlich.“ Traurig blickte Kate in die Weidenzweige hinauf.
„Sie sind gestern Abend in der Bar hervorragend bei den Leuten angekommen. Aber beim Billard werde ich Sie heute Abend wieder schlagen.“
„Nein, danke“, lehnte sie ab. „Ich werde Nancy heute erklären, wie sie Geld sparen und mehr aus der Bar herausholen kann.“
„Sie und Valerie …“, setzte Jake an und musste sich festhalten, als Kate wütend aufsprang.
„Ich bin nicht wie Valerie!“
„Regen Sie sich ab, Kate“, beschwichtigte Jake sie. „Das wollte ich auch gar nicht andeuten. Und jetzt beruhigen Sie sich endlich. Sie werden Ihren Traummann schon finden. Ende des Jahres sind Sie verheiratet, wetten?“ Er zog sich den Hut ins Gesicht und legte sich schlafen.
Kate sah ihn gedankenverloren an. Vielleicht hatte er Recht. Wieso regte sie sich so auf? Noch über eine Woche Urlaub lag vor ihr, und immerhin konnte sie mit Penny lachen, mit Nancy in der Bar arbeiten und die Vormittage mit Jake auf dem See verbringen. Sie stieß ihn mit dem Fuß an.
„Was gibt’s?“
„Nehmen Sie mich morgen wieder zum Angeln mit?“
„Kommt drauf an, ob Sie heute Abend mit mir Billard spielen.“
Unwillkürlich musste Kate lachen. „Gut, aber ich werde gewinnen.“
„Wie kommen Sie da drauf?“
„Ich werde keine Unterwäsche anziehen.“
Einen Moment blickte Jake sie unter der Hutkrempe weg an. „Ich auch nicht,“ sagte er nur und entspannte sich wieder.
Nancy erklärte Kate, dass mittwochs nie viel zu tun sei. Sie nutzten die Zeit, um sauber zu machen, das Lager aufzufüllen und sich über Männer zu unterhalten. Nach und nach vergaß Kate ihre Schuldgefühle wegen Rick. In der Bar herrschte gedämpftes Stimmengewirr, und aus dem Nebenraum hörte man das leise Klicken der Billardkugeln. Um kurz vor zehn waren nur noch Stammgäste da.
Kate fühlte sich wohl. Sie hatte den Eindruck, als sei sie mit all diesen Menschen befreundet. Im Nebenraum sah sie Jake, der von hinten noch größer und breitschultriger wirkte. Dann beugte er sich vor, um seinen Stoß zu machen, und die Jeans straffte sich über seinem Po. Ein knackiger Po, stellte Kate fest und musste daran denken, wie Jake sich am Vortag über sie gebeugt hatte. Wenn es jemand anderer als ausgerechnet Jake gewesen wäre …
„Lehn dich nicht so offenherzig über den Tresen“, riet Nancy ihr. „Sonst hast du bald den nächsten Herzanfall auf dem Gewissen.“
Kate lachte. „Das gefällt mir. Ich weiß, dass ich mich nicht emanzipiert verhalte, aber mit fünfunddreißig fühle ich mich zum ersten Mal begehrt und nicht nur bewundert.“
„Was ist daran unemanzipiert?“ fragte Nancy nach.
„Dass ich mit meinem Körper und nicht mit meinem Verstand Macht ausübe.“
„Männer benutzen ihren Körper ständig, um die Leute einzuschüchtern. Du kannst ruhig alles einsetzen, was die Natur dir mitgegeben hat. Außerdem steigen die Einnahmen, seit du dich über den Tresen beugst.“
„Dann sollten wir unsere Röcke kürzer machen“, schlug Kate vor.
„Ist das ein Teil deines Planes?“ Nancy holte Kates Notizen hervor.
„Nein, aber hast du schon einmal daran gedacht, zusammen mit Will die Getränke gleich in größeren Mengen einzukaufen?“
„Nein, wieso sollte ich das tun?“
„Weil du dadurch viel sparen könntest. Sieh mal.“ Sie zeigte Nancy die Zahlen.
„Woher hast du diese Zahlen?“
„Von Will.“ Kate wies mit dem Daumen über die Schulter auf Will, der an einem der Tische saß. „Er ist ganz begeistert, weil er dadurch auch Geld spart. Und er bietet dir an, die Bestände für dich einzulagern.“
„Das ist toll.“ Verblüfft lächelte Nancy sie an. „Weshalb bin ich niemals auf diese Idee gekommen?“
„Ich hole Will her, dann könnt ihr alles Weitere besprechen.“
„Nein, warte.“ Nancy hielt sie fest. „Erklär mir erst noch deine anderen Vorschläge.“
Eine halbe Stunde später richtete Nancy sich überrascht auf. „Das ist unglaublich.“
„Na dann solltest du dir das hier ansehen.“ Kate holte ihren großen Plan hervor. „Wenn du die Bar vergrößerst und eine Bühne einbauen lässt, eine Tanzfläche und zwanzig weitere Tische, dann könntest du viele Gäste aus dem Hotel hierher bekommen. Deine Einnahmen würden dann …“
„Moment mal“, unterbrach Nancy sie lachend. „Woher sollte ich das ganze Geld bekommen? Und wie sollte ich einen so großen Laden leiten?“
Kate seufzte. „So etwas hatte ich mir schon gedacht. Ich neige dazu, mir immer zuerst den Gewinn anzusehen.“ Sie lächelte. „Und du könntest ein paar zusätzliche Leute anstellen. Die Bands aus der Umgebung könnten hier auftreten, und es kämen mehr Touristen in die Stadt, die dann auch hier in den Geschäften einkaufen würden. Natürlich würde die Arbeit für dich dann anders aussehen.“
„Zeig mir den Plan noch mal“, sagte Nancy.
„Könnte Ben dir denn nicht bei der Arbeit helfen?“
„Auf keinen Fall. Das ist meine Bar, und er hat sein Leben. Wenn wir den ganzen Tag zusammen wären, würde unsere Ehe scheitern, da bin ich sicher. Aber wenn ich das Geld hätte …“
Doch Kate konnte sie nicht mehr hören. Sie war bereits auf dem Weg zu Will, um ihn zu Nancy zu holen, damit die beiden besprechen konnten, wie sie in Zukunft gemeinsam ihre Getränkelieferungen bestellten. Um halb elf nahm Nancy die letzten Bestellungen entgegen, und Kate ließ das Tablett auf den Tresen knallen.
„Meine Füße bringen mich um“, stöhnte sie.
„Tja, wenn du den Vormittag über nicht wandern gewesen wärst …“, sagte Nancy.
„Gibt es irgendetwas, das sich in dieser Stadt nicht sofort herumspricht?“
„Nein. Wer ist morgen an der Reihe?“
„Keiner.“ Kate schüttelte den Kopf. „Ich gebe auf.“ Sie lehnte sich an die Bar. „Allerdings gefällt es mir, das Sexsymbol der hiesigen Bevölkerung zu sein. Ich kann flirten, soviel es mir gefällt.“
„Wird hier auch gearbeitet, oder habt ihr euch jetzt ganz aufs Plaudern verlegt?“
Kate fuhr herum und entdeckte Jake, der hinter ihr stand. Eine Locke hing ihm in die Stirn, und er lächelte sie herzlich an. Wie nett er war! Ihr Freund. Sie nahm genau seine Haltung ein und ahmte seinen Tonfall nach: „Vielleicht sollten Sie sich bemerkbar machen, wenn Sie etwas wollen.“
Verblüfft sah er sie an. Sie stand leicht vorgebeugt, und er konnte im T-Shirt-Ausschnitt die Rundungen ihrer Brüste erkennen. Ihr Lächeln war warmherzig und gleichzeitig herausfordernd. Ihre rosigen Lippen schimmerten einladend, und einen Moment lang konnte Jake nicht mehr atmen.
Er begehrte sie wie noch nie eine Frau zuvor. Verdammt, dachte er. Wem versuche ich eigentlich die ganze Zeit über etwas vorzumachen? Seit unserem ersten gemeinsamen Angelausflug begehre ich diese Frau.
Kate bemerkte, dass sein Blick sich veränderte, und sie spürte die kribbelnde Hitze zwischen ihnen beiden. Errötend stellte sie fest, dass ein selbstbewusstes Lächeln auf seinem Gesicht erschien.
„Eines wollen wir mal klarstellen“, meinte er leise. „Sie sagen mir, wie ich mich bemerkbar machen soll, und dann klären wir, was ich von Ihnen will.“
Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt, und sie wusste, dass ihm ihre Verwirrung nicht entging.
„Zwei Bier“, bestellte Jake, ohne den Blick von Kate zu lassen. „Und zwar schnell, denn ich warte schon viel zu lange.“
Als er gegangen war, sagte Nancy: „Soll ich dir etwas Eiswasser über den Kopf schürten?“
„Was passiert denn hier?“ wunderte Kate sich. „Ich komme mir vor, als sei ich gerade vor eine Wand gelaufen.“
„Das wurde auch Zeit. Wir haben uns alle schon gefragt, wann ihr beide es endlich hinter euch bringt und miteinander schlaft. Diese sexuelle Spannung ist hier niemandem entgangen.“
„Was für eine Spannung? Wir sind doch bloß Freunde.“ Kate traute sich nicht, sich nach Jake umzudrehen, damit ihre Knie nicht nachgaben. Wie dumm sie gewesen war! „Merke ich es denn als Letzte?“
„Nun, manche Leute haben eben auf gewissen Gebieten eine lange Leitung. Das gilt ebenso für Jake wie für dich. Er hat sich so lange vor Frauen in Acht genommen, und da kommst du und überrumpelst ihn. Wir haben uns köstlich darüber amüsiert.“ Nancy lachte auf. „Schon am ersten Tag hat er uns von dir erzählt, und wir haben gedacht, du seist so eine wilde Göre um die Zwanzig. Ja, und dann taucht hier diese kühle Blondine auf.“
Wieder lachte Nancy auf. „Ben sagte nur: ‚Der arme Junge ist wirklich in Schwierigkeiten, und er weiß es nicht mal.’ Es war nur eine Frage der Zeit, wann ihr euch ineinander verliebt.“
„Ich bin nicht in Jake verliebt“, widersprach Kate. „Und er nicht in mich.“
„Wart’s ab, Kate.“ Nancy lächelte wissend. „Und jetzt solltest du vielleicht Oliven aus dem Lager holen. Lass dir Zeit dabei, und atme mal tief durch.“
„Oliven“, sagte Kate. „Schon verstanden.“
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